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Gay Games in Amsterdam

Die niederländische Metropole gilt als die Hauptstadt der Drogen, der freien Liebe und überhaupt allen Lasters – für die eher konservativen Kreise. Oder als die Stadt der ungeahnten Freiheiten und der Toleranz. Letzteres haben wohl die ca. 15.000 Lesben und Schwulen erlebt, die angereist waren, um sich unter dem Motto „Friendship through Culture and Sports“ sportlich und/oder kulturell zu betätigen, dazu noch tausende von Gästen – wenn auch vielleicht nicht ganz so viele, wie von den Organisatoren erwartet.

Die ersten Gay Games, von Tom Waddell ins Leben gerufen, fanden 1982 unter dem Motto „Challenge `82“ in San Francisco statt – wo auch sonst. Damals wetteiferten 1.300 Sportlerinnen und Sportler aus 12 Staaten in 14 Sportarten miteinander, während in Mitteleuropa schwuler Sport noch „politically incorrect“ war. Die Spiele sollten ursprünglich „Gay Olympic Games“ heißen, was jedoch alsbald und noch vor deren Beginn durch das Nationale Olympische Komitee untersagt wurde. Allzu traurig war man bald nicht mehr darüber, wird doch der alte olympische Geist von den Gay Games viel eher repräsentiert, als von den „richtigen“ olympischen Spielen. Die Aussage „Dabeisein ist Alles; was zählt, ist allein die persönliche Bestleistung“ hat hier (noch?) volle Gültigkeit. Jeder kann unabhängig von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung (jawohl, es machen auch Heten mit), Nationalität, Religion oder sportlichem Leistungsniveau teilnehmen.

So wurden die Spiele in vierjährigem Turnus fortgesetzt. 1986 unter dem Motto „Triumph in `86“ (wiederum in San Francisco, 3.482 TeilnehmerInnen aus 16 Staaten, 17 Sportarten), 1990, zum ersten Mal außerhalb San Franciscos und der USA in Vancouver, Kanada („Celebration `90“, 7.250 SportlerInnen aus 30 Staaten, 26 Sportarten). 1994 war zum ersten Mal ein Karlsruher Team vertreten (Langstreckenlauf, Sprint, Kampfsport). In New York trafen sich zu „Unity `94“ ca. 10.800 TeilnehmerInnen aus 44 Staaten. Zudem verstärkten die Schrillmänner den Festival-Chor (und erhöhten nebenbei den Anteil an außeramerikanischen Sängern ganz erheblich). Im Anschluß an die Gay Games-Woche war noch Gelegenheit, am 25-jährigen Jubiläum der Gay Pride Demo (bei uns besser bekannt als Christopher Street Day) teilzunehmen – es war ein wahrer „Super-CSD“.

Diesen Sommer schafften die Spiele nun erstmals den Sprung über den großen Teich und erreichten – allen Kritiken zum Trotz – wiederum eine Steigerung der Teilnehmerzahl. Waren die New Yorker Gay Games noch eine Veranstaltung für die Amerikaner und einige Gäste aus dem Rest der Welt, so machte nun der Rest der Welt immerhin gut die Hälfte der Teilnehmer aus. Man könnte fast behaupten, es waren die ersten wirklich internationalen Spiele.

Überall in der Amsterdamer Innenstadt waren die leuchtend gelben Flaggen mit dem rosa Winkel, der roten Tulpe und den Gay-Games-Ringen zu sehen. Am Busbahnhof bekam man auf die Frage: „Welchen Bus muß ich nehmen, wenn ich zum Rudern möchte?“ sofort eine korrekte Auskunft. Das kombinierte Rat- und Opernhaus (ein durchaus repräsentativer Bau) wurde zur zentralen Anlaufstelle und, mit Verkaufsständen, Sitzbänken sowie einer Bühne umstellt, zum „Friendship Village“.

Das Leistungsniveau war, gemessen an sonstigen internationalen Wettkämpfen, eher mäßig. Über die Gründe hierfür läßt sich spekulieren. Für manchen homosexuellen Spitzensportler (und die gibt es ohne Zweifel) bietet eben dieses niedrige Niveau zu wenig Anreiz für eine Teilnahme – natürlich ist das ein Teufelskreis. Oder er oder sie hat immer noch Angst vor Diskriminierung. Daß diese Angst leider nicht ganz unbegründet ist, zeigt „der“ Skandal der diesjährigen Gay Games: der internationale Verband der Eiskunstläufer (ISU) drohte seinen Mitgliedern (und das müssen Spitzensportler nun mal sein) mit einer lebenslangen Sperre, falls sie es wagen sollten, an den Gay Games teilzunehmen. In den Richtlinien des ISU (die auch für die Gay Games angewendet werden sollten) stünde nun mal, daß gleichgeschlechtliche Paare nicht zugelassen sind, Punkt. Die Organisatoren in Amsterdam wandelten den Wettkampf daraufhin in ein öffentliches Training um – sicher frustrierend für mache, die sich monate- oder jahrelang darauf vorbereitet hatten.

Das Karlsruher Team übte sich dieses Mal in Volleyball, Kampfsport, Gewichtheben und – fast schon traditionell – im Langstreckenlauf. Zurück nach Hause brachte es immerhin vier Medaillen (1 x Gold, 1 x Silber, 2 x Bronze) sowie einige nicht ganz schlechte Plazierungen. Die WEIBrations (die Schrillmänner waren zu Hause geblieben) trugen zum kulturellen Teil bei, unter anderem sangen sie im altehrwürdigen „Concertgebouw“. – Ich glaube, es hat, trotz einiger Pannen, allen Spaß gemacht, und wir fiebern jetzt alle dem Jahr 2002 entgegen; dann geht es in Sydney „under new skies“ weiter. Wir können uns ja schon mal nach Sponsoren für die immensen Reisekosten umsehen.

Jürgen