Anfahrt     Kontakt     Spenden


Lambda Sommercamp

Was macht ein junger Schwuler oder eine junge Lesbe im Sommer? In Urlaub fahren natürlich. Aber muß es immer San Francisco oder Mykonos sein? Mal ganz abgesehen von meinem Geldbeutel, der mit beiden Zielen nicht einverstanden gewesen wäre, wollte ich diesen Sommer mal etwas anderes erleben. Und ich habe die beste Entscheidung seit etlichen Sommern getroffen: ich ging ins Lambda Sommercamp nach Lützensömmern.

Lambda? Lützensömmern? Ich verstehe nur noch Bahnhof, werden jetzt manche sagen. Also: Lambda ist ein schwul-lesbisches, deutschlandweites Jugendnetzwerk. Die Organisation versteht sich als Dachverband der schwul-lesbischen Jugendgruppen in Deutschland. Und Lützensömmern ist ein kleines, verschlafenes 300-Einwohner-Kaff, von malerischer Landschaft umgeben und im schönen Thürigen gelegen. Eben dort hat Lambda seinen Sitz. Und dort veranstaltet die Organisation schon seit einigen Jahren im Sommer ein Zeltcamp für junge Schwule und Lesben von 16-25 Jahren. Über die Altersbeschränkung kann man streiten und sie eine Diskriminierung nennen, aber irgendwo muß man eben die Grenze setzen, wenn man sich als Jugendorganisation versteht. Soviel zum Formalen.

Ich war schon ziemlich gespannt was mich erwarten würde. Werde ich dort viele neue Freunde oder vielleicht sogar meinen Freund kennenlernen? Wie geht man in so einer Runde miteinander um? Fragen über Fragen…

Also meldete ich mich einfach mal an, fragte einige Freunde, ob sie vielleicht auch mitkommen wollten. Letztendlich waren es dann Rainer und ich, die sich gemeinsam auf den Weg machten. Nach endloser Zugfahrt kamen wir auf einem einsamen Bahnsteig auf freiem Feld an. Mit uns stiegen recht viele Leute aus. Wollen die auch zum Camp? Na klar, warum sonst sollte man an einem so trostlosen Ort aussteigen. Es gab gleich ein freundliches Hallo, und wir wurden mit dem Bus ins Camp gefahren.

Abends stellte sich das Camp-Leiter-Team vor und erklärte uns kurz die Camp-Regeln. Schnell lernte man Leute kennen, lockere Cliquen bildeten sich. Klar waren das meist Jungen- oder Mädchencliquen, aber es gab keinerlei Berührungsängste zwischen Jungs und Mädels (warum auch?). Alle kennenzulernen schafften die wenigsten, schließlich waren wir zu Beginn 90 Leute (etwa Hälfte Jungs, Hälfte Mädels) und im Laufe der Woche sollte das Camp bis auf 130 Leute anwachsen.

In der lockeren Atmosphäre konnte man viel Spaß haben. Es gab sportliche Aktivitäten (Frühsport, Fußballspielen, Schwimmen im nahen Freibad), Gesprächsgruppen (über Coming-Out, Bewegung etc.), Workshops (z. B. in Gebärdensprache, T-Shirt Malerei, kreativem Schreiben uvm.), Ausflüge (z. B. ins ehemalige Konzentrationslager Buchenwald). Und natürlich saß man ganz oft einfach zusammen, hat gequatscht oder gekuschelt oder sich in der Sonne geräkelt oder gleich alles auf einmal. Und abends gab es eigentlich immer Party und Lagerfeuerromantik. Also im Grunde genommen ein ganz normales Zeltcamp, nur mit dem Vorteil, daß man als junger Schwuler oder junge Lesbe einmal die gleichen Chancen auf ein erotisches Abenteuer oder die Anbahnung einer festen Beziehung hatte, wie unsere heterosexuellen Mit-Teens und -Twens bei jedem anderen Urlaub.

Zum Schluß kam sogar noch BRAVO TV vorbei und hat einen Beitrag über das Camp gedreht. Und die Wahl zum Mr. und Mrs. Sommercamp durfte natürlich auch nicht fehlen.

Alles in allem kann ich sagen, daß es einfach tierisch gut war, und daß ich nächstes Jahr auf jeden Fall wieder hingehen werde.

Wer mehr über das Sommercamp ’98 erfahren möchte, der kann im WWW unter http://www.lambda-online.de vieles über das Camp und Lambda allgemein nachlesen und sich auch ein paar nette Bilder anschauen.

Patrik