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Die Frau als Hausärztin


Der vorliegende Text wurde dem Buch Die Frau als Hausärztin – ein ärztliches Nachschlagebuch, Dr. med. Anna Fischer-Dückelmann (promoviert zu Zürich), Süddeutsches Verlags-Institut, München 1922 (Vorwort von 1901), entnommen. Kursive Worte kennzeichnen Sperrungen im Schwabacher.

Hintergründe zum Buch und seinen Auflagen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Frau_als_Haus%C3%A4rztin

Einen Scan der Ausgabe von 1911 findet man hier auf archive.org zum online Lesen und in verschiedenen Formaten zum Download:
https://archive.org/stream/diefraualshaus00fiscuoft


Onanie.

(Man lese über das Geschlechtsleben im siebenten Kapitel des ersten Teiles nach.)

Es ist besonders für Mütter dringend notwendig, daß sie urteilsfähig auf diesem Gebiete werden, um ihre heranwachsenden Kinder vor diesen traurigen Verirrungen zu schützen. Während der Entwicklungsjahre hat die Onanie die schlechtesten Folgen, weil der Organismus noch im Wachstum begriffen ist; ferner wird sie um so gefährlicher, je schwächlicher und belasteter ein Individuum ist. Übermäßige Ernährung, Fleisch und Alkohol im Vordergrund, angeborene Reizbarkeit des Nervensystems, ein zu warmes Bett (Federn!), schlechte Luft im Schlafzimmer, unvorsichtiges Gebahren der Eheleute in Gegenwart der Kinder, die oft mehr beobachten, als man sich denkt, Romanlesen, Theater, unzüchtige Bilder usw. führen zu unwillkührlichen Erregungen der Geschlechtsteile, um ein gewisses Wollustgefühl zu erzielen.

Bei den Knaben entsteht die Aufrichtung des Gliedes (später Samenergießungen), bei den Mädchen eine Blutüberfüllung des Genitalapparates und bei beiden bedeutende Nervenaufregung.

Die häufige „Frühreife“ der Kinder hängt innig mit der geschlechtlichen Reizbarkeit zusammen; sie kann durch eine richtige Erziehung aber auch wesentlich vermindert werden. Man erziehe Mädchen und Knaben zu wahrer Züchtigkeit, man stelle ihnen Berührung der Geschlechtsteile als etwas verbotenes und häßliches dar und halte auf einen reinen Ton im Hause.

Aus so geleitetem Haus gehen dann herzensreine und keusche Menschen hervor! Bei noch unvernünftigen Kindern sehe man darauf, daß sie nachts die Hände immer auf der Bettdecke halten, daß sie nicht mit vollem Magen zu Bett gehen. Zuweilen ist es nötig, ihnen fest geschlossene Säcke aus durchlässigem Stoff anzuziehen, um direkte Berührung der Genitalien zu verhindern. Beifolgend sind auch zwei Apparate angegeben, welche ihnen zum gleichen Zweck angeschnallt werden (Fig. 428 und 429). Sie haben aber auch ihre Nachteile und werden nur selten wirklich notwendig werden.

Niemals schlage oder ängstige man onanierende Kinder, weil dadurch der Grund zu Nervenleiden gelegt werden kann. Sie sind Verirrte, aber keine Verbrecher, oft leider schon sehr kranke Menschen, und müssen daher zwar ernst, aber durchaus milde behandelt werden. Kaltwasserbehandlung erzeugt bei erregten Personen geschlechtlichen Reiz; man vermeide sie also und verhüte besonders das Frieren der Kinder. Beim Spiel bemerken sie oft die kalten Füße nicht; beständiges Frösteln erzeugt aber einen heftigen Reizzustand in den Genitalien, dem die Kinder dann mehr oder minder heimlich Folge leisten, indem sie mit den Händen, auf den Stühlen, mit der Bettdecke usw. nachhelfen, um Befriedigung herbeiführen.

Ermüdung, bei schwachen Kindern bis zur Erschöpfung, große Reizbarkeit, die sich in Weinerlichkeit, Zorn, Unarten äußert, Zerstreutheit, Unfähigkeit zu gesammelter Arbeit, blaue tiefe Ringe unter den Augen, eine fahle, häßliche Gesichtsfarbe, schließlich ein abstossender Gesichtsausdruck, dazu abgebissene Fingernägel und bei Mädchen oft ein schleimiger Ausfluß aus der Scheide oder auch entzündete Geschlechtsteile sind sichtbare Folgen der traurigen Verirrung. Sie gleichen sich in späteren Jahren nur durch sehr hygienische und maßvolle Lebensführung aus, bei schwächlichen Menschen aber bleiben gewisse Kennzeichen für immer bestehen. Vor allem vererben sie auf ihre Nachkommen die sexuelle Schwäche, das Merkzeichen der heutigen kultivierten Menschheit.

Sehr beruhigend wirken ein:

warme Beinbäder, ebensolche Sitzbäder von fünf bis zehn Minuten Dauer und einstündige Spaziergänge in ruhiger, gesunder Umgebung vor dem Schlafengehen, ernste, veredelnde Erzählungen, welche wohl rühren, aber nicht aufregen dürfen und das Kind von sich selbst ablenken; eifrige Arbeit, ohne Überanstrengung, aber doch Körper und Seelenkräfte anspannend; nicht minder Sport, der unter vernünftiger Leitung betrieben wird.

Leider sind die erwachsenen Onanisten auch unter dem weiblichen Geschlechte keine Seltenheit und die Zahl derjenigen, die Trost und Rat bei der Ärztin deshalb suchen, ist keine kleine. Wenn die Erkenntnis der wahren Bedeutung ihres Zustandes sie erfaßt, kommt meist auch heftige Reue, Angst vor ernsten Folgen über sie, und sie machen große Willensanstrengungen, um sich von der bösen Leidenschaft zu befreien. Gebärmutterkatarrh, schmerzhafte Menstruation, allgemeine nervöse Erscheinungen, nicht selten nervöses Herzklopfen usw. sind die gewöhnlichsten Erscheinungen bei Ihnen. Alte Onanistinnen sind zur Ehe meist wenig tauglich; entweder leiden sie an Scheidenkrämpfen, oder sie sind gegen die Annäherung des Mannes empfindungslos. Meist ist sie ihnen auch widerwärtig. Bei bereits eingetretener Erschlaffung der Gebärmutter wird auch die Mutterschaft schwierig. Die Früchte werden oft nicht ausgetragen. In anderen Fällen ist chronische Gebärmutterentzündung mit ihrem Heer von Übeln die Folge der beständigen unnatürlichen Reizungen.

Bei temperamentvollen jungen Mädchen dagegen ist, sowie beim geschlechtlich erregten Mann, die Ehe das beste Heilmittel, das aber zu rechter Zeit in Anwendung kommen muß. Die jetzt immer häufiger werdende Ehelosigkeit ist für Männer und Frauen von großer Gefahr; denn sie treibt sie nur zu oft der Onanie in die Arme.

Zu ihrer direkten Bekämpfung beachte man, welche Gegenmittel für die Kinder empfohlen wurden, denn sie gelten mit individueller Anpassung auch für Erwachsene. Am besten ist es, nach vorangegangener Untersuchung nur nach ärztlicher Vorschrift zu handeln.

Über ältere weibliche Onanisten ist noch zu sagen, daß sie recht häufig einer ganz bestimmten Form der Onanie ergeben sind, und zwar jener, die nur auf geistigem Wege, also durch bedeutende Nervenanstrengung, ohne äußere Mithilfe zustande kommt. Man nennt sie auch „Phantasiekranke“. Diesen kann nicht geholfen werden, wenn sie nicht selbst mit äußerster Anstrengung wollen. Dann mögen sie folgende Lebensweise einschlagen: Früh aufstehen und nur bei ausgesprochener Müdigkeit zu Bett gehen, hart liegen und erhitzende Federn vermeiden, alkoholfreie, leichte Diät, tägliche Gartenarbeiten, Bergsteigen, nicht Sitzbäder, sondern wöchentlich zwei bis drei Halbbäder, mit mäßiger Abkühlung, täglich kurze, kalte Waschungen der äußeren Genitalien, wenn Hitze oder Ausflüsse vorhanden sind (ja keine Ausspülungen der Scheide!), anspannende Berufs- oder Hausarbeiten, die vom inneren Menschen ablenken, strenge Vermeidung jeglicher, die Phantasie erregender Lektüre. Dies wird sie heilen!

Sind diese Bedauernswerten im Übrigen aber gesund und sehnen sich im Alter der Reife nach der Ehe, sind sie vielleicht bei lebhaftem Temperament für das andere Geschlecht sehr empfänglich, dann mögen sie heiraten, um natürliche Befriedigung zu finden, was die gesunde Frau ebenso braucht wie der gesunde Mann.

Tafel (Fig. 428 / Fig.429): Apparate zur Verhütung der Onanie für Knaben / für Mädchen.

(siehe auch https://archive.org/stream/diefraualshaus00fiscuoft#page/764/mode/2up)

Homosexualität.

(siehe „Urning“ unter U).

Unter Homosexualität versteht man die gleichgeschlechtliche Liebe vom Manne zum Mann, vom Weibe zum Weib, eine der traurigsten Entartungserscheinungen. Körperlich oft ganz wohlgebildet und von ausgesprochenen sexuellen Funktionen — also Menstruation beim Weibe und Zeugungsfähigkeit beim Manne — gehen dennoch ihre Neigungen nicht zum anderen Geschlecht, sondern zum eigenen, und eine durch die Verhältnisse aufgezwungene Ehe schafft natürlich unglückliche Menschen. Meistens findet sich auch eine äußere Nachahmung des anderen Geschlechtes bei solchen Individuen: homosexuelle Männer nehmen weibische Gewohnheiten, homosexuelle Weiber männliche Art an und kommt es zu sexuellem Verkehr, so handelt es sich begreiflicherweise nur um eine Art Onanie, die aber, jedenfalls infolge des elektrischen Austausches zweier in warmer Liebe sich gebender Menschen, nicht so erschöpfend wirkt, wie diese. Die Liebesgefühle der Homosexuellen zeichnen sich nämlich durch besondere Leidenschaftlichkeit aus und sind deshalb im Verkehr mit anderen Menschen zuweilen recht schwierig.

Man hat beobachtet, daß unter Nachkommen von sogenannten „Lebemenschen“ und Künstlern, bei welchen Willkür, Genußsucht, Maßlosigkeit, und Alkohol eine große Rolle spielten, sehr oft Homosexuelle sich befinden; die Homosexualität, durch welche die Fortpflanzung erlischt, ist demnach als eine Art Gehirndefekt zu bezeichnen, der die logische Erbschaft ausschweifender Vorfahren ist. Die Natur will ihre Vermehrung nicht, deshalb nimmt sie ihnen die Fruchtbarkeit. Da sie ihnen den sexuellen Trieb aber nicht auch genommen hat, so können sie viel Übles anrichten, wenn sie ohne Aufsicht und ärztliche Leitung bleiben. Man sei daher auf der Hut vor ihnen, kläre jüngere Menschen auf, wecke ihr ethisches Gefühl, kräftige ihren Körper und man wird manchen Erfolg erzielen; bei älteren Personen ist die Beeinflussung schwieriger. Man kann sie jedoch ruhig sich selbst überlassen wenn sie anständig leben und ein ernster Freundschaftsbund, in den sich einzumischen niemand das Recht hat, sie befriedigt.

Zu bekämpfen jedoch ist die Verführung unbefangener, junger Menschen und die Prostitution von Jünglingen, die sich gegen Geldentschädigung homosexuellen Männern übergeben. Versagt bei solchen Unsitten ärztliche Beeinflussung, dann kann nur eine andere Geistesrichtung, neugeweckte Interessen für soziale Aufgaben, wie der Kampf gegen Alkohol einer ist, oder das Studium der Theosophie Wandel schaffen. Er ist um so zuverlässiger, als er von innen kommt.

Jahrelang in der Jugend betriebene Onanie führt in den dreißiger Jahren oft zur Impotenz beim Mann und Frau und wenn die sexuelle Reizbarkeit nicht auch noch erloschen ist, nicht selten zur Homosexualität. Deswegen müssen Jugendliche im Alter der Entwicklung scharf beobachtet und durch richtig geleitete Lebensweise an Geist und Körper natürlich erhalten werden. Wo der perverse Hang aber angeboren und nicht erst später erworben, dort leite man das Leben eines solchen Kindes liebevoll und klug in schützende Bahnen. Nicht Strenge und Vorwürfe einer Tochter, die sich vor der Ehe scheut, nicht Härte einem schwächlichen, scheuen Knaben, der in seinem Gefühlsleben von seinen Geschlechtsgenossen abweicht; mit Liebe studiere man ihr Seelenleben, berate sich mit Ärzten und erfahrenen Personen und gestalte ihr Leben so beglückend als nur möglich.

Urning ist der Name für den Mann, der nur gleichgeschlechtliche Menschen liebt; Tribade das Weib, das sich nur für Weiber entflammt. Schon im Altertum kannte man diese sexuelle Verirrung, in unserer Zeit macht sie leider wieder viel von sich reden. Wer diesen unglückseligen Trieb in sich fühlt, sollte vor der Ehe bewahrt bleiben und wer Neigung zu sexueller Unmäßigkeit zeigt, sollte Anstaltsbehandlung haben und dann unter Aufsicht bleiben, weil ein einziger kraftvoller, aber unsittlicher Urning im geheimen einen ganzen Kreis von unbefangenen jungen Menschen zu verderben, moralisch und körperlich zu schädigen vermag.

In den letzten Jahrzehnten ist leider eine große Literatur über diesen traurigen Gegenstand entstanden. Ich verweise zur Einführung in denselben auf Quanters Broschüre „Wider das dritte Geschlecht“.

Tribade ist eine Frau, welche sich der „lesbischen Liebe“‚ ergeben hat. Es ist dies widernatürliche Unzucht, der geschlechtliche Verkehr zwischen Frauen, natürlich auch eine Art Onanie, die aber zu zweien ausgeführt wird und daher weniger kräfteverbrauchend wirkt. Diese Verirrung ist verbreiteter, als man oft denkt und ist zum Teil Folge der Ehescheu der Männer und der Angst der unverehelichten Frauen vor natürlichen Folgen des heimlichen Liebesverkehrs. Auch wird sie bei alten Onanistinnen oft beobachtet.

Kaffee.

(Siehe unter „Getränke“, zweites Kapitel im ersten Teil.)

Wir warnen auch hier nochmals, den Bohnenkaffee zum täglichen Getränk zu machen. Seine nervenerregende Wirkung ist zu stark; er muß daher krankmachend wirken. Viele nervöse Leiden der Frauenwelt sind auf den täglichen gewohnheitsmäßigen Kaffeegenuß zurückzuführen, ähnlich wie bei den Männern das Rauchen die Ursache manches unerklärlichen Übels ist. Wer durchaus warmes und kaffeeähnliches Getränk wünscht, den verweisen wir auf den Kneipp-Kaffee, Seligs Kornkaffee, Schweitzners Nährsalzkaffee oder Dr. Glettlers Fruchtkaffee. Es fehlt ihnen zwar jenes verführerische und erregende Aroma, das der Bohnenkaffee hat; aber sie sind unschädlich, schmackhaft, und enthalten auch Nährstoffe